Dieses Projekt des Baltisch-Deutschen Hochschulkontors wird durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aus Mitteln des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland gefördert: Inklusion in lokale und internationale wissenschaftliche Gemeinschaften
Inklusion in lokale und internationale wissenschaftliche Gemeinschaften
Die Evaluation von Forschung in Litauen ist einem stetigen Wandel unterworfen. Nach zwanzig Jahren des Experimentierens mit metrikbasierter Forschungsbewertung führten die politischen Entscheidungsträger das Comparative Expert Assessment (CEA) mit zusätzlichen Messgrößen – nämlich für den wirtschaftlichen und sozialen Impact von Forschung – ein, die für die litauische Wissenschaft relativ neu war. 2018 konstatierten die CEA-Experten, dass einige Bereiche weiterhin stagnieren und sich ohne zielgerichtete Anstrengungen wahrscheinlich nicht verbessern würden.
Der Antragsteller hat in einem 2019 gestarteten qualitativen Forschungsprojekt versucht, die wesentlichen Triebkräfte und Hindernisse für die Anwendung nationaler Werkzeuge zur Forschungsevaluation zu ermitteln. Im Ergebnis einer eingehenden Analyse von fünfzig Interviews kristallisierte sich Inklusion in wissenschaftliche Gemeinschaften als eines der wichtigsten und strittigsten Themen heraus.
Während die politischen Entscheidungsträger die metrikbasierte Forschungsevaluation als Instrument nutzen, um die Inklusion der litauischen Forschung und Forscher in die internationalen akademischen Gemeinschaften voranzutreiben, scheinen die Forscher eher die Einbindung in die lokalen wissenschaftlichen Gemeinschaften im Blick zu haben.
Dieses Projekt zielt vor allem darauf ab, deutsche Wissenschaftler anzusprechen, die sich eingehend mit Fragen der Inklusion in die wissenschaftliche Gemeinschaft beschäftigt haben. Sie sollen litauischen Forschern und wissenschaftspolitischen Entscheidungsträgern ihr Wissen und ihre Erkenntnisse im Rahmen von zwei Veranstaltungen vermitteln.
Programme zum Download im PDF-Format: 28. October 2021 (Inklusion im akademischen Bereich) und 29. October 2021 (Perspektiven der politischen Entscheidungsträger)
28. Oktober 2021, Donnerstag, 10:00-13:00 (UTC/GMT +3 hours), in English
Ein öffentliches online Seminar
Inklusion in lokale und internationale wissenschaftliche Gemeinschaften
Moderation:
Liudvika Leišytė, Zentrum für Hochschulbildung, TU Dortmund; Vorstandsvorsitzende, Futura Scientia, Litauen
10:00–10:20 (UTC/GMT +3 hours)
Begrüßungsreden:
Odeta Merfeldaitė, Dekan der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften, Mykolas-Romeris-Universität
Tadas Juknevičius, Leiter der Abteilung Wissenschaft, LR Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Sport
10:20–10:50 (UTC/GMT +3 hours)
Inklusion in internationale Wissenschaftsgemeinschaften als Governance-Thema
Jochen Gläser, Technische Universität Berlin, Deutschland
Die ursprüngliche Konzeption wissenschaftlicher Gemeinschaften durch Robert Merton, Thomas Kuhn und Michael Polanyi implizierte die Idee, dass alle Mitglieder wissenschaftlicher Gemeinschaften gleichermaßen an der Produktion wissenschaftlicher Erkenntnisse beteiligt sind. Die Wissenschaftsforschung hat seitdem viele Beschränkungen aufgedeckt, die die Beteiligung von Forschern an den Prozessen der Wissensproduktion und den Entscheidungsprozessen ihrer wissenschaftlichen Gemeinschaften begrenzen. Beispiele hierfür sind Einschränkungen aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, des Zugangs zu Forschungsmitteln oder aufgrund des Verfolgens von Forschungsansätzen, die nicht zum Mainstream eines Faches gehören.
In die Wissensproduktion der eigenen Gemeinschaft einbezogen zu sein, bedeutet a) Beiträge zu produzieren, die von anderen Gemeinschaftsmitgliedern genutzt werden, b) sich eine Reputation als beitragendes Gemeinschaftsmitglied zu erarbeiten und c) an Entscheidungen zu Gemeinschaftsangelegenheiten mitzuwirken. Die Möglichkeiten, dies zu tun, sind sehr ungleich zwischen und innerhalb von Ländern verteilt. Die Governance der Wissenschaft beeinflusst die Inklusion durch a) die Formulierung von Erwartungen bezüglich der Inklusion und b) die Verteilung der Mittel für die Inklusion durch die Gestaltung von Karrierewegen und Evaluationssystemen sowie die Verteilung von Ressourcen für die Forschung. In kleinen Wissenschaftssystemen sieht sich die Governance der Inklusion mit zusätzlichen Problemen konfrontiert, wie z.B. der Schwierigkeit, eine kritische Masse für Forschung zu erreichen, der Abhängigkeit aller Qualitätsbewertungen von internationaler Inklusion und einem möglichen Zielkonflikt zwischen internationaler Exzellenz und lokaler gesellschaftlicher Wirkung, d. h. zwischen Inklusion in internationale und nationale Fachgemeinschaften.
10:50–11:20 (UTC/GMT +3 hours)
Den Kontakt verlieren? Einbeziehung arbeitsloser Forscher aus einer fachspezifischen Perspektive
Susanne Wollin-Giering and Markus Hoffmann, Technische Universität Berlin, Deutschland
Die Arbeitslosigkeit im wissenschaftlichen Bereich wurde bisher kaum untersucht, aber es gibt vereinzelte Hinweise auf ihr Auftreten in einer Vielzahl von Disziplinen. Außerdem gibt es Menschen, die in einer Phase der Arbeitslosigkeit weiter forschen, ohne dass dies negative Folgen für ihre anschließende Karriere hat. Dieser Befund widerspricht den überwiegend negativen Studien in der Arbeitssoziologie, in denen „Narbeneffekte“ durch Arbeitslosigkeit nachgewiesen wurden – eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer erneuten Arbeitslosigkeit oder dauerhaft schlechterer Arbeitsplätze. Aus diesem Grund sind die Formen der disziplinspezifischen Selbstinklusion in die wissenschaftliche Gemeinschaft für das Verständnis des Ausmaßes relevant, in dem Forscher in der Lage sind, „Narbeneffekte“ zu lindern und erfolgreiche akademische Karrieren zu verfolgen. Dies gilt insbesondere im Kontext von Arbeitslosigkeit, die sie der für die Forschung notwendigen Ressourcen beraubt. In der Präsentation möchten wir ein kürzlich begonnenes Projekt zu den Funktionen und Folgen von Arbeitslosigkeit in Forscherkarrieren vorstellen und mit einigen Ergebnissen zu integrationsfördernden Forschungspraktiken wie informeller Kommunikation, Publikationstätigkeit oder dem Verfolgen der Literatur des Fachgebiets illustrieren.
11:20–11:50 (UTC/GMT +3 hours)
Inklusionsaspekte, die sich aus Gesprächen mit litauischen Akademikern und Politikern ergeben
Eleonora Dagienė, Mykolas-Romeris-Universität, Litauen; CWTS, Universität Leiden, Niederlande
11:50–12:20 (UTC/GMT +3 hours)
Gesellschaftlichen Impact einschließen: Messung und Governance des gesellschaftlichen Impacts im heutigen Hochschulsystem
Guus Dix, Universität Twente, Niederlande
In der frühen Neuzeit war „Impact“ ein Thema von großer Bedeutung für Naturphilosophen, die die Auswirkungen eines physischen Körpers auf einen anderen untersuchten und darüber theoretisierten. Heutzutage erregt der Begriff die Naturwissenschaftler nicht mehr im selben Maße. Stattdessen taucht er in ebenso hitzigen Debatten über die Hochschulbildung wieder auf. Er ist von zentraler Bedeutung für den „Journal Impact Factor“ als eine besondere Art, wissenschaftliche Exzellenz zu verstehen. Noch bemerkenswerter ist, dass der Begriff in Diskussionen über neuartige Praktiken des Messens, Beobachtens und der Governance der breiteren Auswirkungen der Wissenschaft auf die Gesellschaft wieder auftaucht. Die Präsentation „Gesellschaftlichen Impact einschließen“ gibt einen Überblick über ein Forschungsprojekt, das die Versuche von (europäischen) politischen Entscheidungsträgern, Universitätsmanagern, Scientometrikern und Forschungsgruppen erfasst, „gesellschaftlichen Impact“ als Schlüsselkriterium für die Beurteilung von Wissenschaft und Wissenschaftlern einzubeziehen.
12:20–13:00 (UTC/GMT +3 hours)
Abschließende Diskussion zum ersten Workshop-Tag
29. Oktober 2021, Freitag, 14:00-16:00 (UTC/GMT +3 hours)
(auf Litauisch mit Simultanübersetzung ins Englische)
Eine Diskussionsrunde zu den im Rahmen des Seminars vorgestellten Themen mit eingeladenen politischen Entscheidungsträgern und Forschern
14:00–14:10 (UTC/GMT +3 hours)
Begrüßungsreden:
Inga Žalėnienė, Rektor der Mykolas-Romeris-Universität, Litauen
Artūras Žukauskas, Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft des Parlaments der Republik Litauen
Gintautas Jakštas, Vizeminister im LR Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Sport
14:10–14:25 (UTC/GMT +3 hours)
Wie haben litauische Politiker über drei Jahrzehnte in einem höchst unvorhersehbaren Umfeld agiert?
Eleonora Dagienė, Mykolas-Romeris-Universität, Litauen; CWTS, Universität Leiden, Niederlande
14:25–15:25 (UTC/GMT +3 hours)
Eingeladene politische Entscheidungsträger werden darüber reflektieren und diskutieren, wie die Forschungsevaluation zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit der litauischen Wissenschaft beigetragen hat:
Prof. dr. Artūras Žukauskas
Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft des Parlaments der Republik Litauen
(Rektor der Vilnius Universität, 2015-2020)
Prof. dr. Romas Baronas
Vorsitzender des Forschungsrats Litauens
Professor des MIF-Instituts für Informatik, Universität Vilnius
Prof. dr. Dalius Serafinas
Vorsitzender der litauischen Gesellschaft der Wissenschaftler
Leiter des Masterstudiengangs Qualitätsmanagement, Universität Vilnius
Jurgita Petrauskienė
Berater für Bildung und Wissenschaft bei der Ständigen Vertretung Litauens bei der OECD
(Minister für Bildung und Wissenschaft, 2016-2018)
Prof. dr. Eugenijus Butkus
Life-Sciences-Center an der Universität Vilnius
(Vorsitzender des Forschungsrats Litauens, 2003-2013)
Prof. dr. Rūta Petrauskaitė
Institut für Litauistik an der Vytautas-Magnus-Universität
(Stellvertretende Vorsitzender des Forschungsrats Litauens für Geisteswissenschaften, 2008-2018)
Prof. dr. Jochen Gläser, Technische Universität Berlin, Deutschland
Dr. Guus Dix, Universität Twente, Niederlande
15:25–16:00 (UTC/GMT +3 hours)